Dr. Asli Topal-Cevahir
Stellvertretende Leitung KI
Tel.: 02452/13-4203
E-Mail: Asli.Topal-Cevahir@kreis-heinsberg.de
Interaction Institute for Social Change, Artist: Angus Maguire, 2016
Unter „Interkultureller Öffnung“ ist die bewusste Entscheidung von Organisationen zu verstehen, sich den Herausforderungen und Chancen einer von Vielfalt geprägten Gesellschaft zu widmen. Der zentrale Ansatz dabei ist, dass die kulturelle Vielfalt wahrgenommen, wertgeschätzt und als gesellschaftliche sowie wirtschaftliche Ressource betrachtet wird. Gleichzeitig übernehmen Organisationen damit eine soziale Verantwortung und die Verwirklichung einer gleichberechtigen Teilhabe von Menschen mit Einwanderungsgeschichte und internationaler Familiengeschichte.
Der Begriff „Interkulturelle Öffnung“ bezieht sich auf eine Strategie der Organisationsentwicklung in den Bereichen öffentliche Verwaltung, Unternehmen, Akteure in der Bildungslandschaft, Soziale Dienste, Gesundheitssektor usw., die auf die kulturelle Vielfalt einer Gesellschaft bedarfsgerecht reagieren sollen. Dieser systematische Prozess umfasst verschiedene strukturierte Bausteine wie die interkulturelle Sensibilisierung und Kompetenz von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern auf allen hierarchischen Ebenen einer Organisation, Organisations- und Personalentwicklung, angepasste Maßnahmen zur Produkt- und Dienstleistungsentwicklung sowie die Erlangung einer diversitätsbewussten Gesamthaltung der jeweiligen Organisation.
In einer multikulturellen Gesellschaft müssen sich Systeme und Organisationen auf die Vielfalt der gesellschaftlichen Struktur einstellen, um mit globalen Entwicklungen mitgehen zu können. Die Idee „Interkulturelle Öffnung“ ist ein Change-Management-Konzept, mit welchem diese Anpassung an die gesellschaftliche Realität gelingen kann. Organisationen jeder Art können sich mit diesem Konzept an Diversität, Vielfalt und Interkulturalität anpassen und ihre Arbeit optimieren.
Gelingen diese Öffnungsprozesse, so tragen diese Organisationen erheblich zur Chancengleichheit aller bei. Einzelne Bildungseinrichtungen und kommunale Verwaltungen „lernen“ auf dem Weg der interkulturellen Öffnung Strategien, mit Herausforderungen im interkulturellen Kontext effizienter umzugehen, ihren Bildungsbegriff und ihre Bildungsplanung den gesellschaftlichen Veränderungen anzupassen, Vielfalt als Ressource zu nutzen und sich im Sinne von „zukunftsfähigen Kommunen“ optimal aufzustellen. Eine erfolgreiche Umsetzung der Entwicklungsprozesse im Kontext der interkulturellen Öffnung innerhalb der Organisation der Kommunalen Bildungslandschaft und kommunalen Verwaltung, welche auch ein Teil der Kommunalen Bildungslandschaft ist, verspricht eine nachhaltige positive Entwicklung der Bildungssysteme vor Ort und trägt dazu bei, dass Menschen unabhängig von ihrer Herkunft, Religion, sozialen/sozioökonomischen Lebensbedingungen etc. verbesserte Chancen in der Bildung und somit Chancen auf eine bessere Zukunft haben. Auf dieses Ziel arbeitet das Kommunale Integrationszentrum hin und unterstützt Systeme dabei, sich diversitätsbewusst zu öffnen und somit mit den gesellschaftlichen Entwicklungen mitzugehen.
Der Prozess Interkulturelle Öffnung arbeitet auf vier Hauptebenen: Organisationsstrukturen, Personal, Angebote/Dienstleistungen sowie die effektive Ausgestaltung der Vernetzungsarbeit.
Auf der Ebene der Organisationsstrukturen sollen sich Institutionen und Verwaltungsstrukturen kritisch hinterfragen, ob diese Strukturen in der aktuellen gesellschaftlichen Situation bestmöglich funktionieren können. Die Gesamthaltung der Organisation gegenüber Vielfalt, Interkulturalität, Diskriminierung und Rassismus sind wichtige Faktoren, in diesem Prozessschritt. Sind diese Themen in dem Leitbild der Organisation (hier Verwaltung) verankert? Gibt es eine Antidiskriminierungsstelle? Werden diese Themen in internen und externen Zusammenkünften oder in der Öffentlichkeitsarbeit thematisiert? Ist die Haltung der Organisation klar in diesem Kontext wahrzunehmen? Diese Fragen sind wichtige Aspekte in der Selbstreflexion einer Organisation und können als die ersten Schritte im interkulturellen Öffnungsprozess verstanden werden. Auch die Unterzeichnung von bundesweiten Siegeln, wie z.B. das in diesem Bereich Bekannteste die „Charta der Vielfalt“, trägt im interkulturellem Öffnungsprozess dazu bei, nach innen sowie nach außen wichtige Signale im Kontext der Förderung von Gleichberechtigung, Chancengerechtigkeit und Schätzung von Vielfalt zu senden.
Im Bereich der Personalentwicklung sollten Organisationen und Verwaltungen darauf achten, dass Vielfalt innerhalb der Personalstruktur deutlich zu erkennen ist. Im Fokus steht in diesem Kontext die interkulturelle Vielfalt von Menschen, welche in der Region leben und arbeiten. Diese Sichtbarkeit innerhalb der Personalstruktur sollte sich auch auf der Führungsebene zeigen. Neben interkulturellen Kompetenzen sind die mehrsprachigen Kompetenzen von Mitarbeiter*innen mit Einwanderungsgeschichte oder internationaler Familiengeschichte eine starke Personalkompetenz für die Verwaltung. Mit mehrsprachigen Teams können vor allem Verwaltungsbereiche mit mehr Kontakt zu Bürger*innen professioneller aufgestellt und die Dienstleistungen optimiert werden. Durch den Abbau von sprachlichen und interkulturellen Barrieren kann die Kommunikation zu den Bürger*innen positiver gestaltet und Konfliktsituationen können evtl. verhindert werden. Insgesamt wird eine deutliche Verbesserung der Kommunikation zu den Bürger*innen in kurzer Zeit bemerkbar. Ein weiterer wesentlicher Prozessschritt im Bereich der Personalentwicklung ist Fort- und Weiterbildung, bzw. Qualifizierung des bestehenden Personals mit und ohne Einwanderungsgeschichte. Trainings und Schulungen im Bereich interkultureller Kompetenzen sind dringend notwendig und sollten auf allen Ebenen der Verwaltung angeboten werden. Ein verpflichtender Charakter dieser Qualifizierungsformate innerhalb der Verwaltung kann für den Erfolg einen wesentlichen Beitrag leisten.
https://community.atlassian.com/t5/Diversity-Inclusion-discussions/The-difference-between-Equality-amp-Equity-images/td-p/1133961
Angebote/Dienstleistungen der Verwaltung sollten daraufhin geprüft werden, ob Barrieren vorhanden sind und ob diese Angebote für alle Bürger*innen der Region tatsächlich ermöglicht werden können. Der Ansatz, dass gleiche Angebote für alle automatisch erreichbar sind, ist zu hinterfragen. Im interkulturellen Öffnungsprozess soll darauf hin- gearbeitet werden, dass Zugangsbarrieren zu Angeboten und Dienstleitungen der Verwaltung (und auch anderer Organisationen) abgeschafft werden. Dadurch können Barrieren abgebaut und Chancengerechtigkeit aktiv gefördert werden. Gleichzeitig arbeiten Organisationen, welche diesen Schritt gehen, stark gegen Diskriminierung und können bewusst potenziellen diskriminierenden Effekten entgegenwirken.
Mögliche Beispiele für die konkrete Umsetzung sind:
Der vierte Bereich im Prozess Interkulturelle Öffnung bezieht sich auf eine effektive und konstruktive Vernetzungsarbeit in diesem Kontext. Ein internes Austauschformat, wie z.B. ein Arbeitskreis zum Thema Interkulturelle Öffnung der Verwaltung ist notwendig. Dieser sollte mit Entscheidungsfunktionen, Personal aus dem Bereich der operativen Ebene in Verwaltungsbereichen mit viel Kundenkontakt, Verantwortlichen für die Öffentlichkeitsarbeit, Vertretung der Mitarbeiter*innen-Interessen und weiteren relevanten Akteuren aus der Verwaltung besetzt werden. Dieses Format sollte ausgeweitet werden mit Vertreter*innen aus den Migrantenselbstorganisationen und internen Mitarbeiter*innen, welche selbst eine Einwanderungsgeschichte oder internationale Familiengeschichte haben. Nur so kann das Thema „kulturelle Vielfalt“ und „Interkulturelle Öffnung der Verwaltung“ effektiv und konstruktiv ausgestaltet und koordiniert werden.
Der Kreis Heinsberg beschäftigt sich intensiv mit der Interkulturellen Öffnung der Verwaltung, sodass seit 2018 Qualifizierungsmaßnahmen für Mitarbeiter*innen auf verschiedenen Ebenen, wie Workshops, Schulungen und wöchentliche Seminare im Rahmen von Verwaltungslehrgängen (Studieninstitut Aachen) angeboten werden. Mitarbeiter*innen der Kreisverwaltung Heinsberg lernen in diesen Qualifizierungsformaten tiefergehende Inhalte zu Migration/Integration und es werden Begriffe wie z.B. Kultur, Interkultur und Multikultur analysiert. Im Kern dieser Unterrichtseinheiten steht der Aspekt, dass der Kreis Heinsberg (so wie ganz NRW und ganz Deutschland) eine sehr vielfältige und multikulturelle Gesellschaftsstruktur hat. Die öffentlichen Organisationen und Regelsysteme optimieren sich nur dadurch, wenn diese gesellschaftliche Realität in den eigenen Organisationen widergespiegelt wird und sich eine optimale Gesamthaltung entwickelt. Außerdem wird eine weitere zentrale Frage thematisiert, wie Organisationen und Verwaltungen bürgerfreundlichere Dienstleistungen anbieten können durch z.B. mehrsprachige Teams und mehrsprachige Produkte. Diese und weitere Inhalte lernen die Teilnehmenden in den Qualifizierungsformaten, welche vom Kommunalen Integrationszentrum geplant und durchgeführt werden. Um nachhaltige Entwicklungen erzielen zu können, werden diese Formate beibehalten und zukünftig ämterspezifisch intensiviert. Der Kreis Heinsberg soll auch in dieser Thematik eine Role Model-Funktion übernehmen, daher wird ab 2025 auch den kreisangehörigen Kommunen Beratung, Begleitung und Qualifizierung angeboten, um ganzheitliche Entwicklungen innerhalb der Region anzustoßen.
Um für das Thema Interkulturelle Öffnung zu sensibilisieren, finden regelmäßige Beratungen des Haupt- und Personalamtes, sowie gezielter Führungspositionen und des Landrates durch das Kommunale Integrationszentrum (KI) statt, welches die Interkulturelle Öffnung als eines seiner Schwerpunktziele festgelegt hat. Der Prozess Interkulturelle Öffnung wird zudem immer wieder in größeren Veranstaltungen des KI und im Rahmen des Kommunalen Integrationsmanagements (KIM) platziert. Darüber hinaus erfolgt ein regelmäßiger interkommunaler Austausch zu inhaltlichen und strategischen Überlegungen. Ein weiterer Fortschritt zur Interkulturellen Öffnung der Verwaltung ist die im Jahr 2024 gefallene Entscheidung des Landrates zur Unterzeichnung der „Charta der Vielfalt“.
Stellvertretende Leitung KI
Tel.: 02452/13-4203
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